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Lebensborn Feichtenbach

Lebensborn Feichtenbach

(c) Walter Reichl

Regie:
Beate Thalberg

Drehbuch: 
Beate Thalberg

Musik:
Reinhard Seifert

Kamera:
Walter Reichl
Astrid Heubrandtner

Schnitt:
Adam Wallisch

Produktionsjahr 2003

Fassungslos steht Horst Martin Widdershoven, ein 60-jähriger Holländer, vor seinem Geburtshaus im niederösterreichischen Pernitz. Zum ersten Mal sieht er den Ort, in dem er als Teil einer Elite "reinsten deutschen Blutes" 1942 geboren worden war. Das erhabene, fünfstöckige Gebäude mit Balkonen und Blick auf den Schneeberg ist sanft in einen Park gebettet und strahlt Noblesse aus. Widdershoven kämpft mit den Tränen und umarmt seinen Lebenspartner Simon, der ihn nach Österreich begleitet hat.

In Pernitz begann für ihn eine lebenslange Odyssee auf der Suche nach seiner Familie. Wie etwa 20.000 andere "Lebensborn"-Kinder in ganz Europa, gehörte er nicht seiner Mutter, sondern dem "Verein zur Verbesserung der nordischen Rasse". Eine zerrissene Familie, drei verschiedene Nachnamen, zwei Staatsbürgerschaften und das nicht freiwillige Leben in verschiedenen Ländern haben Widdershoven geprägt. Seine beispielhafte Lebensgeschichte zeigt auch, wie lang nach dem Ende der Nazi-Herrschaft Regierungen die Fehler des "Lebensborn" übernahmen und "Anspruch" auf ihn als Staatsbürger erhoben.

Für die Dokumentation hat Beate Thalberg die unglaubliche Geschichte staatlicher Inbesitznahme von Menschen durch den SS-Verein "Lebensborn" anhand des Schicksals von Horst Martin Widdershoven noch einmal aufgerollt. Das bis heute aus der Vergangenheitsaufarbeitung weitestgehend ausgeblendete Kapitel "Lebensborn" ist geprägt vom systematischen Raub existentieller menschlicher Bedürfnisse und dem sehr aktuell anmutenden Bestreben, den "perfekten Menschen" zu erschaffen.

In Berlin, 1935, gründete SS-Chef Heinrich Himmler im engsten Kreise den Verein "Lebensborn" zum "Schutze deutschen Blutes". Als Teil der nationalsozialistischen Rassenpolitik hatte der "Verein" das Ziel, die Geburt von Hunderttausenden Kindern "reinsten Blutes" zur Stärkung der Wehrmacht und der Wirtschaft zu unterstützen.

Der "Lebensborn" förderte explizit die Geburt unehelicher Kinder; die SS gab mehrere "Zeugungsbefehle" an ihre Männer aus und forderte mindestens vier Kinder von jedem, auch außerhalb der Ehe. Dazu gab es genaue Planziele. "200 Regimenter pro Jahr", gab Heinrich Himmler vor, sollten aus ehemaligen "Lebensborn"-Kindern rekrutiert werden. Von Anfang an war das Projekt "strengste Geheimsache". In einer Nacht- und Nebelaktionen wurden in abgelegenen Gegenden "Lebensborn" -Entbindungsheime eingerichtet. So auch ab April 1938 im niederösterreichischen Pernitz, wo Angestellte des "Lebensborn", unter Androhung der Verschickung in Konzentrationslager, zur absoluten Schweigepflicht vereidet worden waren.

In Gesprächen, die ein Jahr in Anspruch nahmen, konnte Beate Thalberg das Vertrauen der noch heute verängstigten Zeitzeugen gewinnen. Erstmals sprechen die Menschen von Pernitz in der Dokumentation über die damaligen Ereignisse hinter den Mauern des Entbindungsheimes.